Grüßen am Berg hebt die Stimmung. In Italien in der Regel „Ciao“, seltener „Buon Giorno“, in Frankreich schlicht „Bonjour“, in der Schweiz „Servus“. Heute waren wieder viele Rennradler unterwegs. Am Splügenpass wird sicher regelmäßig gefahren. Während des Giro d’Italia aber umso mehr. Es sind Fans und Unterstützer unterwegs. Man grüßt sich und trifft sich auch mal in einer Kehre zu einer Verschnaufpause.
Gut gefrühstückt kam ich bis zum Pass sehr gut hoch. Auch die steileren Passagen ließen sich fahren. Ich denke, ich war gestern beim Klettern schon zu leergefahren. Als ich die Passstraße hinter Chiavenna in Angriff nahm, war ich schon 75 Kilometer gefahren. Ein paar Kekse waren für die 1.000 Höhenmeter dann wohl nicht ganz ausreichend. Zumindest ging mir die Bergtour heute deutlich leichter von den Beinen. Ich hatte mehr Kraft.
Der Verkehr auf der Passstraße hielt sich in Grenzen. Man sah viele italienische und schweizer Autos, aber auch deutsche aus Stuttgart, Leonberg, Esslingen. In Montespluga, einem Ort unterhalb des Passes, war alles für die Zieleinfahrt der U23 vorbereitet. Ich genoss die Zieleinfahrt mit der Bandenwerbung, einiges Volk war versammelt, die Musik tönte auch schon. Danach waren es noch gut 200 Höhenmeter. Oben angekommen machte ich von zwei italienischen Rennradlern Fotos am Passschild. Eine Frau aus Minden machte eines von mir. Das Wetter war schön, Sonne pur und angesichts der Höhe natürlich etwas Wind. Ich zog mein langärmliges Neon-Oberteil an und machte mich an die Abfahrt. Die Landschaft auf Schweizer Seite sieht völlig anders aus. Bei den Ortschaften wie Splügen ist das klar, es ist auch ein anderes Land. Aber die engen dicht bewaldeten Täler wie die Viamala haben einen ganz anderen Charakter.
Ich hatte ursprünglich geplant, nur bis Chur zu fahren, ca. 77 Kilometer weit, da ja der Splügenpass Zeit und Kräfte kostet. Gestern war mir das aber zu wenig. Wenn ich etwas mehr fahren würde, verteilten sich die Kilometer der restlichen Etappen bis Stuttgart besser. Außerdem geht es ja bergab. Also buchte ich im liechtensteinischen Ruggell am Rhein ein Zimmer in einem Landgasthof. Vor Chur hatte ich aber einen Hänger und überlegte, die Buchung zu stornieren und in Chur zu bleiben. Es ging gerade wieder in den Berg, auf einer Kiespiste. Ich kam langsamer voran als gedacht, hatte erst 53 Kilometer Strecke gemacht und es war schon halbvier. Dann kam ich aber wieder ins Fahren hinein und beschloss, die geplante Tour zu fahren. Am Rhein gab es gute Radwege. Ich rastete an einer Radlertränke und aß die letzten Kekse. Bald kam ich auf eine wahre Rennstrecke, den Alpen-Rhein-Radweg auf dem Rheindamm, gut asphaltiert. Ohne Mittagspause war ich etwas auf Reserve gefahren, aber die Muskeln waren noch locker. Viertelacht kam ich in meinem Quartier an, mit den letzten Sonnenstrahlen am Rhein.
Fazit: 129 Kilometer, 1329 Meter Aufstieg, 2058 Meter Abstieg. Der Splügenpass war ein besonderer Höhepunkt der Tour. Ich bin froh, dass das Wetter mitgespielt hat. Und die Viamala – einfach eine geniale Landschaft.