Von Brig nach Stresa (Simplonpass)

Donnerstag, 24. August. Da nur vereinzelt Gewitter angesagt waren, wagte ich den Weg über den Simplonpass. Ich machte wieder mehrere Pausen, um mir die Kräfte bei der Hitze einzuteilen und viel zu trinken. Außerdem war ich nach dem Grimselpass gestern auch nicht mehr ganz so frisch am Berg. Meine Sportuhr meint, ich müsste mal eine Erholungsphase einlegen. Das habe ich für Turin geplant. Am Wochenende soll es regnen.

Die Westrampe des Simplonpasses ist steiler als die Ostrampe und steiler als der Grimselpass gestern. Allerdings ist der Simplon auch nur knapp über 2.000 Meter hoch. Radfahrer sah ich heute fast gar nicht, nur zwei Mountainbiker und einen Rennfahrer hinabfahren, aber mit mir war niemand am klettern und oben auf der Passhöhe war auch niemand. Was ist da los?

Es gibt aus Brig heraus eine schöne Nebenstrecke. Ich hockte mich auf ca. 1.000 Meter Höhe ins Gras und genoss den Blick auf die gegenüberliegenden Berge und Brig im Tal. Es war still in den sonst sehr motorisierten Alpen. Herrlich.

Unterhalb des Gipfels rastete ich in einer gemütlichen Klause. Der Wirt kiffte. Ich hydrierte mich und vesperte. Das Gras entspannte mich zusätzlich. Doch von Osten zog ein Gewitter auf. Es grollte. Auf der Passhöhe hielt ich mich nicht lange auf. An einigen Stellen waren bei der Abfahrt die Straßen nass. Es hatte geregnet.

Der Gipfel bildet beim Simplonpass nicht die Staatsgrenze, wie das sonst oft bei den Alpenpässen der Fall ist. Weiter unten, hinter der Grenze, liefen an einer Zollstation zwei italienische Finanzpolizisten auf der Straße herum und warteten auf Kundschaft von italienischer Seite. Ich sauste an ihnen vorbei und kam in ein breiter werdendes Tal mit einer breiten Straße fast ohne Verkehr. Eine Rennpiste nur für mich, dachte ich.

In Domodossola hielt ich mich nicht lange auf und folgte der Toce, die sich ins Tal ergoss. Das sanft abfallende Gelände und die langen geraden Straßen bis zum Lago Maggiore fühlten sich wieder wie eine Rennstrecke an. Ausrollen bis ins Hotel, dazu der pralle Süden, die Palmen in den Vorgärten, blühender Oleander auf den Marmor-Terrassen… In Mergozzo kamen Leute mit Handtüchern vom Baden im gleichnamigen See. Am Lago Maggiore waren prächtige Hotels in Ufernähe in der Dämmerung festlich beleuchtet, in einem prunkte innen ein Kronleuchter, die Terrassen der Restaurants waren mit Lichterketten geschmückt. Es roch nach See und nach Blumen. Ein wunderbarer Sommerabend.

Ich war vom Schweiß des Tages stark verklebt. Es waren immer noch 31 Grad. In einem Restaurant auf dem Weg zum Hotel in Stresa fragte ich nach alkoholfreiem Bier. Der Kellner wollte mich nicht am Tisch bedienen mit dem Verweis, dass es sich um ein Restaurant handelt, bot mir aber den Verkauf zum Mitnehmen an. Ich war dehydriert. Die zwei Flaschen schafften es nicht mehr bis ins zweihundert Meter weiter gelegene Hotel.

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Von Stansstad nach Brig (Grimselpass)

Mittwoch, 23. August. Der Grimselpass war anstrengend. Bis zum Beginn des Aufstiegs in Innertkirchen lag noch der Brünigpass (1.008 Meter) und davor ein fieser steiler 20-Prozent-Berg, der viel Kraft gekostet hat. Da hüpfte mir eine Gemse von einer fünf Meter hohen Felswand auf den Weg und dann weiter in den Abgrund. Vielleicht stammen von den Gemsen die Haufen auf den Passstraßen. Pferde habe ich nämlich weit und breit nicht gesehen. Und dafür waren die braunen „Äpfel“ auch zu klein.

Irgendwie habe ich heute nur Rennradfahrer hinabsausen sehen. Viele grüßten und machten gute Laune. Mit mir ist niemand hinaufgeklettert. Ich hatte mich in Innertkirchen noch mit Wasser, Cola und einem isotonischen Getränk verproviantiert, insgesamt zweieinhalb Liter Flüssigkeit. Die war auch notwendig. Die ersten 900 Meter hatte ich mit der Hitze zu kämpfen. Aber nicht so extrem wie beim 20-Prozent-Berg, bei dem mir der Schweiß aus dem Gesicht auf die Fußspitzen lief. Weiter oben lief es besser – die kühlende Luft und einer meiner Zuckerriegel hatten es gebracht.

Am Grimselsee wird an einer neuen Staumauer gebaut. Oder es ist ein neues Projekt – so genau konnte man das nicht sehen. Auf der rechten Seite erstreckte sich das Massiv der Berner Alpen mit Bergen über 4.000 Metern Höhe. Bekannt ist der Große Aletschgletscher. Auf der Passhöhe war es windig. Für die Abfahrt ins Rhônetal nutzte ich meine Regenjacke als Windstopper.

Die Rhône ist hier oben ein wilder Gebirgsfluss, der bis Brig durch die Schmelzwasser aus den Berner Alpen schnell anschwillt. Im Tal war es zu vorgerückter Abendstunde noch sehr warm. Ab und zu fuhr ich durch kalte Luftmassen, die von der Rhône aufstiegen. Eine 50 Kilometer lange Abfahrt bis nach Brig – gigantisch.

In Brig folgte ich brav meinem Wahoo-Navi, das mich in ein Gewerbegebiet führte. Die Straßen wurden schmaler und dunkler. Hab ich mit der Route einen Fehler gemacht? Oder habe ich gar ein Fake-Hotel gebucht? Oder eine alte Mühle, in der nachts Säcke Knochen angeliefert werden?

Alles gut. Ich hatte das Hotel von der Rückseite aus angefahren. Von vorne sieht gleich alles freundlicher aus.

Morgen soll es am Nachmittag Gewitter geben. Ich bin nicht sicher, ob ich mich auf den Simplonpass einlassen soll.

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