Von Charleville über Bouillon nach Poix-St-Hubert

Montag, 14. August. Heute war es mir plötzlich klar, beim Abendessen: Es war der Buchweizen. Le blé noir – „Schwarzer Weizen“, ein Blödsinn. Buchweizen natürlich. Die Kollegin hat mich auf die Spur gebracht, die die Galettes aus der Bretagne kennt. Und da handelt es sich wohl um einen Crêpes-Teig, aber halt nicht süß und mit Buchweizen-Mehl. Ich bin ja nun auch kein Crêpes-Fan. Hätten wir das Abendessen gestern in Charleville-Mézières also auch geklärt.

Heute Morgen fehlte beim Frühstück das Müsli und das Ei. Aber man will ja nicht meckern bei acht Euro und Zerquetschte. Mich wundert nur, dass das Hotel so gut bewertet wird. Vielleicht sind es die 12 verschiedenen Sorten von süßen Teilchen, die gefallen. Ein süßes Frühstück ist ja die Grundlage für die Bergetappe, die wir heute absolvierten.

Nicht weit hinter Charleville, bei Sedan, ging es auch schon los. Lang gezogene Anstiege, gefolgt von kleineren Abfahrten durch Städtchen und Ardennen-Dörfer. Bis zum späten Vormittag war es noch recht kühl und ich bin froh, dass ich mich nicht verkühlt habe. Für lange Sachen war es mir bei der Bergarbeit aber auch zu warm. Im Laufe des Tages kam immer mehr die Sonne durch.

Das Tal der Semois in Bouillon erreichten wir halbzwölf und rasteten am Fluss. Touristen bewegten die kitschigen Tretboote und füllten die Lokale am Wasser. Es war klar, dass es bei dem engen Tal schon im Ort steil in die Berge ging. Bis zu 16 Prozent Steigung. Das war nicht der letzte Berg heute, aber der letzte, der so steil war. Auf dem Wege beeindruckten mich die schokoladenbraunen Rinder, große gemütliche, massige Tiere. Manche waren noch dunkler, so 80 Prozent Kakao-Anteil, um im Bild zu bleiben. Die Weidelandschaften prägten das Bild heute, weniger der Mischwald.

Bis zu unserem Hotel in Poix-St-Hubert (am Bahnhof mit dem Weg Richtung Smuid gelegen) sausten wir mit 5-6 Prozent Gefälle über vier Kilometer hinunter an den Fluss „L’Homme“. Nach den unerwartet vielen Höhenmetern waren wir froh, heute früher einzukehren und auch früher zu essen. In der Brasserie im Hotel hatte ich uns für 35 Euro das Buffet gebucht. Das war unsere Hoffnung, dass das Lokal geöffnet hat und wir nicht noch sechs Kilometer nach St-Hubert fahren mussten. Im Ort gibt es nämlich außer der Bahnstation und dem Hotel kaum etwas. Das Hotel St-Hubert gegenüber wirkt verlassen. Ein paar Schilder in Russisch geben Rätsel auf. An der L’Homme steht eine verlassene Villa, zugewachsen von Tannen. Ein verwunschener Ort, an dem sich des Nachts Hase und Igel Geschichten erzählen.

Der Chef de Cuisine erklärte uns das warme und das kalte Buffet und wie wir es mit der Reihenfolge halten sollten. Gesagt getan:

1. Gang: Vorspeisen-Teller mit Fisch-Pastetchen, Sardinchen, Zwiebeln, Gemüse und Nudelsalat

2. Gang: Salat mit grünen Bohnen, Rote Beete, Rettich; dazu ein Mini-Brötchen mit Leberpastete und einer Scheibe Salami

3. Gang: Gulasch mit Kartoffel-Gratin

4. Gang: Muscheln

5. Gang: fünf Stückchen Käse aus unterschiedlichen französischen Regionen, Blauschimmel-, Schafs- und Ziegenkäse, Camembert…

6. Gang: Weintrauben und Ananasstücke mit dem Lieblingskäse aus dem vorherigen Gang, dazu eine Scheibe Schinken.

Voilà. Wenn das Frühstück versagt, hätten wir schon einmal vorgesorgt.

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Von Namur nach Charlesville-Mézières

Samstag, 12. August. Dreiviertelneun brechen wir auf. Mit 15 Grad Celsius ist es deutlich kühler als gestern, aber wir verzichten auf Jacken. Schließlich zeigt sich schon die Sonne. Im Laufe des Tages steigen die Temperaturen aber nicht über 23 Grad.

Uns beeindruckt der gefühlt kilometerlange Trödelmarkt, der sich an der Maas schon am frühen Sonntagmorgen aufbaut. Auf den Wegen sind lokale Sportler*innen unterwegs, einige joggen und noch mehr sind mit dem Rennrad unterwegs. Ein Bild, dass sich praktisch überall in Europa am Sonntagvormittag zeigt. Als drei Jungs von der Radsportgruppe „Carmeuse“ an uns vorbeizieht, hängt sich Burkhard im Windschatten dran. Wir folgen dem gut gelaunten Peloton ein paar Kilometer – bis sie in einem kleinen Ort abbiegen.

Bei der Mittagspause in Vireux-Wallerand entscheiden wir bis nach Charleville-Mézières zu fahren. In Monthermé, dem ursprünglich geplanten Ziel, sind keine Hotelkapazitäten mehr. Es ist ja auch Wochenende, was einige Ausflügler zusätzlich anzieht. Eine Bäckerei/Konditorei im Ort hat am Sonntag geöffnet, aber ein eingeschränktes Angebot: Die Crème-Törtchen und Eclaires sind für uns nicht das richtige. Ich entscheide mich für ein Brioche mit Cherry-Cola. Burkhard ist das zu süß. Er nimmt mit einem Baguettes vorlieb. Das französische Wort für Brot habe ich ihm noch kurz beigebracht. In der praktischen Anwendung lernt man am besten.

Das Material hält bislang gut durch. Allerdings löst sich mein Lenkerband so langsam auf. Ich habe eine neue Stelle entdeckt, sich sich aufgrund von Verschleiß lockert. Nach der Sommerradtour muss ich das endlich mal reparieren. Bzw. Jens. Der hatte es schon angeboten. Ich hatte nur immer vergessen, das Lenkerband zu bestellen.

Am Nachmittag kommen die Familien mit den Kindern auf die Wege. Und die älteren Wochenend-Stromer („Stromer“ = E-Bikes) in kleineren und größeren Gruppen. Die Wege sind aber gut ausgebaut, sodass alle Platz finden. Beeindruckt hat mich bisher auf der Tour die große Anzahl der Angler an der Maas, meist mit einem dunkelgrünen Zelt kampierend. Heute sah ich zum ersten Mal eine Omi angeln. Fisch dagegen habe ich noch nicht gesehen.

Um halbsechs checken wir im Hotel „Le Pelican“ ein. Ohne größere Planung gehen wir ins Stadtzentrum, um in einem Lokal zu speisen. In Charleville-Mézières sind aber alle Bürgersteige hochgeklappt. Glücklicherweise ist die Place Ducale sehr belebt, ein zentraler Platz, auf dem auch der Wochenmarkt sein zu Hause hat. Allerdings bieten die zahlreichen Bars kein Essen an, oder nur Häppchen. Im Restaurant „La Fabrique“ gibt es Fritten und Burger, was uns aber nicht anspricht. Nach einer weiteren Runde durch die Innenstadt kehren wir doch in der „Fabrik“ ein und entdecken auf der Karte noch andere Speisen.

Bei der Suche nach Restaurants fiel mir ein, dass mein Mobilfunkgerät möglicherweise neu gestartet werden muss, da angeblich keine Internetverbindung möglich sei. Auch das Hilfsprogramm für den Neustart der Netzverbindungen führt nicht zum Erfolg. Und ich hatte mich schon gewundert, warum die Tour heute vom Wahoo-Navi nicht mit Komoot synchronisiert hat. Ein Problem mit meinem alternativen Betriebssystem Sailfish. Nachdem das nun geklärt war, konnte ich auch das französische Wörterbuch aktivieren. Mein DDR-Französisch reicht für die Speisekarte nämlich nicht. – Was waren nochmal „Galettes“? Aha, das ist ein dünnes Fladenbrot. „Wie Injeera in Äthiopien“, meinte Burkhard. Ja, nur nicht so weich und nicht säuerlich. Die Karte verrät, dass die Galettes aus „Schwarzem Weizen“ hergestellt wird und eine Option ist die Zubereitungsart „Tagliatelle“. Uns sprach beide noch das Zauberwort „Saumon“ an, „Lachs“. Die Julienne aus feinen Gemüsestreifen mit einer Crème nehmen wir natürlich auch noch mit. Nachdem das Essen nun entschlüsselt war, alkoholfreies Bier Fehlanzeige, warteten wir eine ganze Weile. Ich erzählte Burkhard von unserem (Jens und meinem) Abendessen in Northeim, bei unserer Tour nach Hannover, als wir bei trockener Kehle ewig auf das kühle Bier und das Essen warteten. Da finde ich die Kultur sehr angenehm, wenn man schon einmal einen Gruß aus der Küche bekommt oder das Wasser einfach standardmäßig auf dem Tisch steht – wie in der Mittelmeerregion häufig anzutreffen. Das Essen ließ zum Glück nicht so lange wie in Northeim auf sich warten und war ganz ausgezeichnet.

Zu viel Text über Essen. Im Hotel planten wir noch den weiteren Tourverlauf. Wir werden über eine Südschleife morgen nach Bouillon und von dort aus auf die Ardennenhochebene fahren bis kurz vor Saint Hubert. Hotel ist auf einem kleinen Dorf in 6 Kilometer Entfernung gebucht. Die Übernachtungsmöglichkeiten bleiben begrenzt.

Gefängnis in Charlesville
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