72 Kilometer, 670 Höhenmeter, 3:49 Stunden (netto)
In der Fußgängerzone zu übernachten ist so eine Sache. Es ist zwar alles schön zentral gelegen, Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten, Bank und so weiter. Beim Einschlafen hat man dann aber auch die Partys im Ohr, die noch so am Gange sind. Und früh am Morgen die Kehrmaschinen oder die Müllabfuhr. – Aufgrund der hinreichend großen Bettschwere konnte ich aber bald einschlafen und bekam das eine oder andere Gejohle nur im Halbschlaf mit, wo bei mir zuverlässig die Traumakkomodation greift. D. h. ich integriere äußere Reize dann in den gerade laufenden Traum.
Ausrüstung Teil II: Zum Rad an sich hatte ich ja gestern geschrieben. Für Radtouren nutze ich wasserdichte Radtaschen, die hinten am Gepäckträger angebracht werden. Die haben bisher immer gute Dienste verrichtet. Mit einem Griff sind die befestigt. Eine Schließvorrichtung mit Feder verhindert, dass sie sich lösen können. Sicherheitshalber habe ich noch drei Spanngurte dabei, falls ich mal eine Pizza auf dem Gepäckträger zusätzlich befestigen muss. Oder ähnliches Transportgut. In die Taschen kommt das Hauptgepäck: Unterwäsche zum Wechseln, Funktionskleidung (drei Funktionsshirts, Strümpfe, eine leichte Wanderhose für den Stadtbummel oder bei Regen, eine Trainingshose zum Radfahren, falls es kalt wird, zwei kurze Radhosen, eine Regenjacke), Sonnencrème, Bahntickets, eine zusätzliche Kreditkarte, falls die Mafia meine Hauptkarte missbraucht (wie in den USA geschehen), Laptop, Netzteile für den Laptop und das Mobilfunkgerät, eine Powerbank, einen Lenkerhalter für das Mobilfunkgerät, Waschzeug und etwas Proviant (Tiroler Kaminwurz, möglichst scharf, für die Elektrolyte und ein Brötchen oder etwas in der Richtung). Die Lenkertasche habe ich mir das erste Mal eingespart, dafür habe ich eine Oberrohrtasche für Taschentücher, ein kleines Schweizer Messer und die Powerbank, falls ich mit dem Mobilfunkgerät navigiere und der Strom alle ist. In der Satteltasche befindet sich ein Werkzeugset, eine Lampe, die ich bei Bedarf am Lenker anbringe, ein Kugelschreiber und ein Schlüsselbund.
Meine Lieblingsfunktionskleidung wasche ich nach der Tagestour in der Unterkunft immer. So habe ich seit neuestem ein Trikot mit drei kleinen Taschen auf dem Rücken im Lendenbereich. Da kommen das Portmonnaie, ein Taschentuch und das Mobilfunkgerät hinein. Sehr praktisch, deshalb nutze ich es täglich auf der Tour. Unterwegs lässt sich schnell mal fotografieren. Das geht inzwischen mit einer Hand ganz gut. Es war mir zwar auch mal entglitten, aber es hat den Sturz vom fahrenden Rad ohne Schaden überlebt. Bisher hält der Akku locker den Tag durch, obwohl ich mit der App Komoot die Tour tracke und ständig Fotos mache. – Was noch? Ausgehkleidung, ein zweites Paar Schuhe, Schlafanzug oder etwas in der Richtung brauche ich nicht. Natürlich noch den Helm. Ich habe vor zwei Tagen festgestellt, dass mein Kopf größer geworden ist. Ich habe den Helm um ein paar Stufen nachgestellt, sodass er wieder passte. Heute musste ich erneut etwas nachstellen, damit er nicht drückte. – Soviel also noch zur Ausrüstung, die ich so mit mir umherfahre.
Als wir heute morgen um kurz vor halb zehn in Bozen aufbrachen, war es bedeckt und recht warm. Es ging zunächst bergauf, ca. 200 Höhenmeter auf 460 Meter. Die Vegetation bot Schutz vor der Sonne, die bald intensiver wurde. Wir entfernten uns etwas vom Tal der Etsch. Nach den riesigen Apfelplantagen nahm die Vielfalt des Anbaus zu, vor allem Kirschen und schließlich immer mehr Wein waren zu sehen. In Kaltern an der Weinstraße waren große Keltereien und Weingüter zu sehen. Wir fuhren steil bergab, meist auf der mäßig befahrenen Straße, vorbei am Kalterer See hinauf nach Tramin. Der Ort hat dem Gewürztraminer den Namen gegeben. Der Wein wird hier in der Gegend oft über zwei 30 bis 45 Grad in den Himmel ragende Holzbalken gezogen, sodass sich ein mannshohes Blätterdach ergibt, unter dem das schmale Spezialgerät hindurchfahren kann.
In Tramin machten wir halb zwölf Station, um uns beim Eurospar für das Mittagessen zu verproviantieren. Der Ort, der in die Berge hineingebaut wurde, besticht durch malerische Gassen und Weinlokale. Wir verweilten jedoch nur kurz und trafen bald nach Tramin, nach größeren Fabrikanlagen von Würth, wieder auf die Etsch. Ab hier war der Etschtalradweg bis Trient gut ausgeschildert. Den größten Teil der Strecke fuhren wir auf der Deichkrone, die sich meist schnurstracks gerade aus durch die Landschaft zog, während links und rechts des ruhiger werdenden Flusses die Kalksteinberge schroff emporragten und für eine großartige Kulisse sorgten.
Der Etschtalradweg ist ein Radfernweg par Excellence. Hier tummelten sich heute vor allem auch die Rennfahrer. An einer Raststelle mit Bänken und Schatten bietenden Bäumen legten wir unsere Mittagspause ein. Burkhard und ich legten uns ins Gras, um Siesta zu halten, während Norbert auf „unserer“ Bank Gäste empfing und sich unterhielt. Ich blickte in den Himmel und suchte Wolken, am besten Schönwetterhaufenwolken, aber es war nur etwas diesig, die Sonne schien milchig. Ein heißer Frühsommertag. Ich döste vor mich hin, während die Ameisen auf mir herumkrabbelten und durch gelegentliche Bisse versuchten zu klären, ob ich zu verwerten wäre. Gegen 14 Uhr brachen wir wieder auf und zogen gleichmäßig in unserer Dreierformation gen Trient, das wir um halb vier bei 34 Grad im Schatten erreichten. Die Tourismusinformation war schnell gefunden. Wir folgten der Empfehlung, uns im Hotel Venezia am Domplatz einzuquartieren. Das Zimmer hat vier Betten. Mit 100 Euro liegen wir mit dem Preis deutlich günstiger als in Bozen.
Nach dem Duschen beschlossen wir, die Cattedrale die San Vigilio zu besichtigen, etwas zu trinken und durch die Stadt zu flanieren. Wir kehrten direkt am Dom in einem Lokal ein. Hier in der Region wird deutlich weniger Deutsch gesprochen. Mit ein paar Brocken Italienisch oder Englisch kommt man aber weiter. Das von uns so geliebte alkoholfreie (und isotonische) Hefeweizen bekamen wir nicht, dafür ein Heinecken „0.0“, allerdings nur in der kleinen Flasche. Nach dem Stadtrundgang kehrten wir in einem Lokal ein, das ebenfalls am Domplatz lag. Die Lasagne war aus. Die Spaghetti Pomodori, die Burkhard und ich bestellten, wurden nach einer Weile nur mit Gabel und ohne Parmesan geliefert, die Gnocchis, die Nobert haben wollte, gar nicht. Die Spaghetti waren so überschaubar, dass wir sie als Vorspeise verbuchten und im Ristorante Antica in der Via San Marco einen neuen Versuch wagten. Das Essen war denn auch vorzüglich. Mein erstes Hirsch-Carpaccio.
Trient hat mit den alten Palazzi, den opulenten Portalen und Fresken einen besonderen Charme. Warum nur haben die Cafés und Restaurants am Domplatz Lautsprecher aufgestellt und die ganze Zeit Techno am Laufen? Es scheint für das Viertel auch nur eine CD zu geben, die immer nach dem ersten Titel wieder von vorne anfängt. Wer braucht das?