Von Sankt Vith über Clervaux nach Prüm

Donnerstag, 17. August. Die kleinen weichen Betten mit dem Winterbettzeug haben uns in dem warmen Zimmer nicht gut schlafen lassen. In den Daten meiner Sportuhr lässt sich das auch gut ablesen. Weniger Tiefschlaf, viel REM. Ich habe viel geträumt und flach geschlafen, mit Wachphasen. Doch das reicht für die nächste Rad-Etappe. Für heute hatten wir uns eine Südschleife durch Luxemburg vorgenommen mit Übernachtungsziel in der Eifel, bei Prüm. Der Regen hatte am Morgen aufgehört. Als wir aufbrachen, hingen noch schwere Wolken in der Luft.

Hinter dem Gasthof ging es gleich steil den Berg hinauf in einen dichten Wald. Pilze und lila blühendes Heidekraut säumten den Weg. Auf dem Weg nach Luxemburg warb ein Schnellrestaurant mit der „Letzten belgischen Friture vor der Grenze“. Auf luxemburgischer Seite warben Firmen, in Hotels zu investieren. Nasse Haferfelder waren noch nicht abgeerntet. Die Bauern haben Schwierigkeiten bei dem feucht-warmen Wetter die Ernte einzubringen. Das Korn wird schwarz.

Clervaux, auch Clerf genannt, liegt in einem tiefen Tal. Auf einem Berg über der Gemeinde thront die Benediktinerabtei zum hl. Mauritius und hl. Maurus. Der Kirchturm ist weithin zu sehen. Landschaftlich sehr reizvoll. Für uns bedeutete das natürlich wieder Kletterarbeit. Aus dem Tal der Klerf, so heißt der Fluss, arbeiteten wir uns heraus, um an der Grenze zu Deutschland in das Tal der Our hinabzusausen. Die Our bildet eine natürliche Grenze. Der erste Ort auf deutscher Seite ist Dasburg. Wir trafen in einer Trinkpause an einer Bunkerruine im Tal ein Paar, das mit dem Rad und schwerem Gepäck von London nach Kapstadt unterwegs war. Neben den Radtaschen hinten waren auch die Vorderradgepäckträger auf beiden Seiten mit Radtaschen beladen, dazu noch Lenkertaschen und allerlei Kleinkram. Bei so einer weiten Reise nimmt man natürlich gerne mehr mit, vermutlich auch Sachen zum Übernachten im Zelt.

Nach Daleiden führte uns die Quäldichstraße hinauf. In dem Ort rasteten wir, um die Kletterpartie weiter bis auf 630 Meter Höhe fortzusetzen. Ab Mittag wurde die Sonne intensiver. Zehn Kilometer nordöstlich von Prüm kamen wir in einem Gasthof unter. Morgen ist dann nur noch „Ausrollen“ nach Köln.

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Von Remouchamps nach Sankt Vith

Mittwoch, 16. August. Frühstück gab es heute erst wieder ab 8 Uhr. Wir waren die ersten im altehrwürdigen Speisesaal des Hotels. Dunkle Holzmöbel und nur eine Fensterfront für den großen Saal machten eine Tisch- und Deckenbeleuchtung notwendig. Die Tischlampe wurde am Fuß durch eine silbernfarbene Wildschwein-Metallplastik verziert. Im Foyer hängt ein Hundeportrait – Öl auf Leinwand. Die Ecke ist leider zu dunkel zum Fotografieren. Ariane hätte sich sicher gefreut.

In der Nacht hatte es geregnet, die Straßen waren noch nass. Mein Wahoo-Navi hatte die Routenplanung vom Abend vergessen. Und nicht nur das: „Keine Strecken verfügbar“. Wtf? Da wir sowieso geplant hatten, die Nationalstraßen zu fahren, fiel uns die Orientierung leicht. Wir fuhren also „auf Sicht“, den Wegweisern folgend und mit Burkhards Straßenkarte unter der durchsichtigen Regensschutzfolie auf der Lenkertasche. Wir ließen Spa links liegen – Thermalbäder würden sich erst am Ende der Tour richtig anfühlen – und fuhren über Trois-Ponts („Dreibrücken“) nach Malmedy zur Mittagspause. Bei Trois-Ponts gab es einen Parkplatz, viele Familien stiegen aus, die Kinder in Badesachen. Aus dem Tal führte eine Seilbahn über unsere Köpfe hinweg nach irgendwo. In der Nähe von Trois-Ponts liegt Coo, bekannt durch Wasserfälle. Straßenschilder weisen darauf hin, dass wir in den „Blauen Ardennen“ angekommen sind. – Blau wegen des Wassers „in allen Formen“ (http://www.ardenne-bleue.be/)

In Stavelot müssen wir uns durch eine Straßenbaustelle hindurchmogeln, um dem Stau der Umleitung zu entgehen und nicht wieder aus Versehen auf der Autobahn zu landen. Diese ist nämlich mit der Umleitung ausgeschildert. Burkhard hat Sorge, dass sein Hinterreifen die Strapazen von Split- und Kieswegen nicht mehr lange mitmacht. Das gute Stück ist schon ziemlich abgefahren. Aber es ist alles gut gegangen.

In Malmedy holten wir im Lidl etwas Futter für die Mittagspause und ließen uns an der Place de Rome nieder. Die Stadt wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört. An Weihnachten 1944 bombardierten die Amerikaner irrtümlich den Ort. Die Waffen-SS erschoss 82 US-amerikanische Soldaten, die in Kriegsgefangenschaft geraten waren. Ein Kriegsverbrechen und Teil der so genannten „Ardennen-Offensive“.

Nach St. Vith ging es ordentlich bergauf. Kurz vor dem Städtchen fanden wir ein Fahrradfachgeschäft, der einen passenden Mantel für Burkhards Hinterrad hatte. Man spricht hier Deutsch, in einer französischen Sprachmelodie des Auf-und-ab und schnoddrig wie in Köln. Um 15 Uhr erreichten wir unsere Unterkunft, das Gasthaus „Wisonbrona“, zwei Kilometer außerhalb von St. Vith. Burkhard wechselte den Mantel. Jetzt muss er nicht mehr wie auf einem rohen Ei fahren.

Beim Duschen ist mir ein Malheur passiert. Es gab wundersame Hebel an der Armatur, die ich in Gang setzte. Plötzlich kam von oben der große Regen. Der Abfluss kam mit dem Sturzbach nicht mehr hinterher. Es lief aus der Wanne heraus auf die Badfließen und unter der Tür durch. Burkhard beschwerte sich, hatte aber schon ein Handtuch auf die Pfütze geworfen. Ich hatte die Duschorgie beendet und war meinerseits am Handtuchwerfen. Burkhard ging es etwas besser, hatte aber auch ein nicht stressfreies Duscherlebnis. Der Grund: Die Duschwanne hat nur einen Rand im Mikrometerbereich und es fehlt das Gefälle zum Abfluss. Wir beschlossen, den Missstand zu melden. Als ich die nassen Handtücher auf der Terrasse zum Trocknen aufhing, fing es an zu regnen.

Eigentlich wollten wir noch in die Stadt, um uns mit der Geschichte zu beschäftigen, ließen uns aber vom Regen abhalten und beschäftigten uns mit der weiteren Tourplanung und dem Buchen der nächsten Unterkünfte. In einer Regenpause fuhren wir los. Am Büchelturm begegneten wir einer Stadtführung. Wir hörten von der Zerstörung von St. Vith, auch die Bombardierungen Weihnachten 1944. Von der Stadt war nicht viel übrig geblieben. Am Büchelturm wurde der Schutt abgeladen und von den Einwohnern Millionenhügel genannt. Das kennen wir aus Stuttgart auch. Da heißt der Schuttberg „Monte Scherbelino“.

Auf dem Weg ins Quartier wurden wir von einem starken Regen überrascht. Großflächige Pfützen auf den Straßen führten dazu, dass unsere Schuhe durchweichten. Zwei Handtücher hatten wir immerhin noch. – Das deutsche Fernsehen berichtet von einem Unwetter in Brandenburg und dass morgen bei uns in der Region auch mit Gewitterschauern zu rechnen ist. Wie war das mit den „Blauen Ardennen“? Wasser, überall Wasser…

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