SR20-1 Stuttgart-Trossingen

Ich war von mir selbst angenervt, dass ich erst kurz vor 13 Uhr zur diesjährigen großen Sommer-Radtour aufgebrochen bin. Ich habe die Gewittertage seit Sonntag genutzt, um Vorbereitungen zu treffen. Angefangen vom zweiten Ersatzschlauch, Routenplanung einschließlich Corona-Infos bis hin zum Putzen des Rads – es hat alles nichts geholfen, mal früher aufzubrechen. Kleinkram in der Wohnung wie Müll entsorgen, Abwasch machen, die Blumenbewässerungsanlage installieren: Es gab einfach noch zu viel Zeugs, einschließlich eines Projektberichts für’s Ministerium, der noch in die Post musste. Also wie immer.

Jetzt, in der Unterkunft, fühlt es sich schon fast wie Urlaub an. In den nächsten Tagen, mit mehr Abstand vom Alltag, wird sich der Erholungseffekt noch weiter einstellen. Dazu kommt die körperliche Fitness, die von Etappe zu Etappe zunimmt, wenn nicht eine unerwartete Malaisse mir einen Strich durch die Rechnung macht. Corona lauert natürlich auch überall. Also ist weiter Vorsicht geboten.

Weil ich schon etwas unter Zeitdruck war, nahm ich heute Mittag die S-Bahn nach Vaihingen. Auf diese Weise hatte ich die Höhenmeter vom Kessel schon hinter mir. Die Temperaturen lagen heute bei 26 Grad auf der Schwäbischen Alb, in Stuttgart vielleicht noch etwas höher. Ideales Radtourwetter. – Von meinem neuen Navi (Wahoo Elemnt Room) hätte ich erwartet, dass die kürzeste Wegstrecke zur ursprünglichen Streckenplanung berechnet wird. Die Software bot aber nur an zum Start zu navigieren. Da wollte ich natürlich nicht mehr hin. Also fuhr ich erst einmal auf Sicht rüber nach Möhringen in der Hoffnung, dass das Navi dann in der Nähe die Route wittern würde. So war es dann auch. Den ersten Tourtest hat das Wahoo sehr gut bestanden. Die Navigation ist sehr zuverlässig, lässt sich gut lesen und hat mir viel Zeit gespart. Genau das war ja wichtig, da ich spät dran war. Kleinere Abweichungen von der Strecke wurden dann auch brav mit den notwendigen Berechnungen zurück zur Route erledigt. Deshalb an dieser Stelle also nur einen kleinen Punktabzug. 65 Prozent des Akkus waren noch geladen. Das macht Freude und lässt auch größere Gewalttouren ohne Powerbank zu.

Mit der Komoot-Wegeplanung war ich heute zufrieden. Es gab vor Tübingen eine längere Abfahrt durch den Wald, mit Schotter- und Kieswegen. Das letzte Mal war ich an der Straße bis nach Tübingen runtergedüst. Das geht schneller, aber der Weg durch den Wald war im kühlen Schatten und ohne Verkehrslärm ganz schön. Man musste am Anfang des Waldgebiets und am Ende nur ein Wildgatter öffnen und schließen. In Tübingen machte ich nur eines der Touri-Fotos, die man haben muss. Statt Selfies bevorzuge ich Porträts von meinem Rad. Eine Trinkpause machte ich unterwegs nur in einem kleinen Ort, da die Bäckerei kalte Cola hatte und ich bei dem doch recht hügeligen Höhenprofil eine Zuckerdosis gebrauchen konnte. Auch die nächste Pause gönnte ich mir nur so lange wie es braucht, drei Kugeln Eis bei Hochsommertemperaturen wegzuschlecken. Das war in Hechingen. In Balingen gönnte ich mir mit Glockenschlag 18 Uhr die zwei Brötchen als Abendessen, die ich mir als Proviant eingepackt hatte. Das dürfte auch nicht mehr als 15 Minuten gedauert haben.

Ich genoss die Aussicht: Blick auf den Albtrauf und die Burg Hohenzollern bei Hechingen und den Blick auf den Plettenberg (1001,7 Meter hoch) mit dem Funkturm. In Schömberg (676 Meter hoch) kam ich an einem Stausee vorbei. Das Wasser war mir ausgegangen. Ich eierte etwas im Ort herum, aber es waren schon alle Bürgersteige hochgeklappt. Auch in den nächsten Orten waren kaum noch Leute draußen, die ich hätte ansprechen können, um meine Wasserflaschen zu füllen. In Frittlingen hatte ein Lokal noch geöffnet. Ich zischte ein Hefeweizen und war dann recht fix halbneun in Trossingen (700 Meter hoch). Ich habe mich für heute für 47 Euro in der Pension BeOne einquartiert, mit Gemeinschaftsbad und Küche zur gemeinsamen Benutzung. Den Schlüssel gab es in einer Box, die mit einem Zahlenschloss gesichert war. Der Code kam per SMS. Als ich ankam standen zwei Ukrainer und rätselten über das System. Ich verstand teilweise ihre Russischen Zahlen und erklärte es auf Englisch, was sie wiederum verstanden. Sicher Arbeiter, die morgen früh raus müssen.

Fazit der ersten Etappe: 101 Kilometer mit einigen Kletterphasen, gut asphaltierte Radwege, das Rad läuft wie am Schnürchen. Nur an das Gepäck muss ich mich erst wieder gewöhnen. Man muss es etwas ausbalancieren und es zieht am Berg natürlich. Aber dafür lief heute auch bei den Kletterphasen alles geschmeidig.

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