SR20-07 Valence – Avignon

Vom Genfersee bis in die Provence führen Radfernwege, auf denen ich mich auch in großen Teilen bewegt habe. Heute war es die „ViaRhôna„, die gut ausgeschildert ist. Die Wegbeschaffenheit ist recht unterschiedlich, meist aber guter Asphalt. Die Nebenstraßen sind deutlich schlechter als in Savoyen. Bei der ViaRhôna nervten mich die vielen engen Kurven und Schranken, die Autos vom Befahren abhalten. Man passt zwar genau mit den beiden Radtaschen durch, muss aber trotzdem die Geschwindigkeit anpassen. – Luxusprobleme.

Wieder ein heißer Tag, dafür gut ausgeschildert.

Die ersten 73 Kilometer liefen so là là. Ich hatte irgendwie nicht die volle Kraft, bekam schon nach 50 Kilometern Hunger und musste in Viviers eine Mittagspause einlegen. Zum Frühstück („Le Box“) gab es auch nur Plastikessen: zwei kleine eingeschweißte Madeleines, einen Zwieback (warum?), ein Mikrogläschen Erdbeermarmelade, ein Ministückchen Butter, einen Mini-Naturjoghurt und ein Becherchenchen Apfelmus. Obwohl ich das 6,90-Euro-Corona-Frühstück mit Brot und Käse von gestern aufbesserte, war ich etwas kraftlos unterwegs. In Viviers rastete ich bei einer Bäckerei, ließ mir Quiche Lorraine und Getränke geben und erledigte E-Mails. Das Hotel in Avignon wollte von mir Fotos von meinem Ausweis und der Kreditkarte, um für meine spätere Ankunft nach dem Check-in Tür-Code und Tresor-Code für den Schlüssel zu schicken. (Tresor = coffre, habe ich dabei gelernt.) Die Fotos kamen nicht an, da die Booking.com-App Bilder nicht anzeigt. Irgendwo in der Wildnis war noch ein Telefonat nötig und meiner Übernachtung stand nichts mehr im Wege. Ich hätte den Check-in nur ohne Mittagspause erreicht, dafür war aber heute nicht der Tag.

Rhône-Brücke
… und noch eine
An der Rhône bei Montélimar: Auf der linken Seite des Flusses befindet sich das Département Drôme, rechts die Ardèche.
Kernkraftwerk Cruas bei Montélimar

Auf den offiziellen Radwegen waren wieder einige Ferntourer unterwegs. Ein junger Franzose fragte mich bei Montélimar, ob das der Weg nach Valance sei, was ich bejahte. Er war der erste, der mich fragte, woher ich käme. – Die Auenwälder boten in der Nachmittagshitze kühlen Schatten, waren aber nicht sehr verbreitet. Meistens fuhr ich unter freiem Himmel und leerte meine Wasservorräte schneller als mir lieb war. Die ViaRôna ist so angelegt, dass es praktisch keine Ortsdurchfahrten gibt. Bei meiner Komootplanung hätte ich etwas genauer hinschauen sollen. Bei 31 Grad im Schatten bei einem leichten Wind trocket man in der Provence halt schneller aus und braucht mehr Wasserstellen. Am Abend fuhr ich von einer Umgehungsstraße nach Caderousse hinein. Der Ort ist von einer dicken Mauer umgeben und ich musste erst einmal eine Lücke finden, um bei einer Pizzabäckerei Getränke zu besorgen. Ich war wieder ausgetrocket.

Die wenigen Brunnen, die ich in der Drôme, der Ardèche und jetzt im Département Vaucluse gesehen habe, führten kein Wasser. Am Radfernweg auch keine Wasserstellen. Man muss deshalb Pausen einplanen und gezielt in die Orte hineinfahren. Mit meinen zwei Standardflaschen in den Haltern am Rahmen kam ich immer nicht so weit. Für die weitere Tour werde ich in den Radtaschen noch Vorräte mitführen.

Abenddämmerung an der Rhône in Avignon

Als ich Avignon erreichte, war die Dämmerung schon weit fortgeschritten. Dafür bot sich ein stimmungsvoller Anblick: Die dunkelblaue Rhône, ein orangefarbener Saum am Horizont von den letzten Sonnenstrahlen und die Lichter der Stadt. Überall saßen die Leute in den Lokalen, es gab Musik und Lichtinstallationen auf verschiedenen Plätzen. Bei einer dieser psychedelischen Licht- und Musikaktion blieb ich stehen und ließ die Szenerie auf mich wirken. Die Musik beruhigte ungemein und war genauso psychedelisch wie die Lichtprojektionen an eine Kirche und ein Haus: bunte, schnell wechselnde Farben, Kaskaden von funkelnden Mustern und Formen. Festivalstimmung.

Licht- und Musikperformance im abendlichen Avignon. Das Video liefere ich noch nach.

Fazit: 156 Kilometer (bisschen viel bei der Hitze), flache Flusslandschaft und ein wunderbares Ziel – Avignon. 7 Tage von Stuttgart nach Avignon – passt. Durch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes muss ich mal schauen, wie ich weiterfahre. Bouches-du-Rhônes mit Marseille steht auf der Schwarzen Liste, hätte ich auch nur gestreift. La Ciotat muss ich umplanen. Und was macht jetzt überhaupt Sinn? – Jeder Tag hat seine eigene Sorge…

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