SR20-8 Avignon – Ginasservis

Ich hätte mir in Valence oder Avignon Zeit nehmen müssen, um zwei neue Schläuche zu kaufen. In Chambéry habe ich noch Läden recherchiert, die aber entweder geschlossen hatten oder erst am Nachmittag öffneten. Dann habe ich das mit den Schläuchen erst einmal wieder vergessen. – Nicht gut.

In der Nähe der Uni hatte ich mein Quartier.
In Avignon hätte ich beim Vélo-Händler noch zwei Ersatzschläuche kaufen müssen.

Ich hatte wegen der Corona-Infektionslage umgeplant und Aix-en-Provence und La Ciotat ausgelassen. Die ursprüngliche Idee war, möglichst bald ans Mittelmeer zu fahren und dann die Küste entlang bis nach Genua weiter zu kurbeln. Stattdessen bin ich heute nach Osten aufgebrochen. Pertuis kam mir noch zu nah vor mit 74 Kilometern. Also buchte ich mir weiter im Osten im Luberon ein Zimmer (Ginasservis). Die Route führte mich über kleine Ortschaften und Pertuis an die Durance. Die Landschaft ist von Bewässerungskanälen durchzogen. Es wird viel Obst, Gemüse und Wein angebaut. Die Feigen wachsen einem am Straßenrand in den Mund. Überall sind Olivenbäume zu sehen. Bei 33 Grad im Schatten hatte ich wieder viel trinken müssen. Es gab sehr steile und kurvenreiche Passagen. Hinter Pertuis aber hielt Komoot mir links von der Durance eine bergige Schotterpiste bereit, die nur für Mountainbikes geeignet ist. Da fiel mir ein, dass ich keine Schlauchreserve mehr habe.

Die Durance hinter Pertuis.
Luberon
Vor Pertuis musste ich bei über 30 Grad eine Weintraubenpause einlegen.
Cadenet im Hintergrund, von meinen Weintrauben aus gesehen.

Über eine Brücke kam ich wieder auf die andere Seite der Durance, das Ziel nicht mehr weit. Plötzlich stand ich vor einem gut gesicherten Doppelzaun. Das Navi hatte die Idee, diese Straße weiter zu fahren. Warum? – Ich versuchte, das Areal großräumig zu umfahren, was mir nicht gelang. Ich stand nach einigen Kilometern durch die reizvolle Berg-Landschaft des Luberon wieder am Zaun. Am Eingang zu der Anlage fragte ich nach meiner Herberge. Aber die hatten keine Lust auf das Thema und meinten, ich müsste den Weg wieder zurück. Also eine Sackgasse. Ich fuhr zurück auf die Hauptstraße und versuchte es in der anderen Richtung.

Kakteen säumten ebenfalls meinen Weg im Luberon.
Ein Teil der Route an der Durance war für mein Gravelbike fasst unpassierbar: steinig, steil, enge Kurven. Da muss es meinem Vorderrad den Garaus gemacht haben.
Bergsteiger am Luberon, im Tal der Durance. Durch die Dämmerung ist das Bild verwackelt.
Vor mir hat auf der wilden Piste jemand seine Kette geschrottet.
Durance: Rechts an den Luberon-Felsen ging mein Weg entlang.
Kurz vor dem Ziel, Ginasservis, ein Zaun. Was nun?

Da es dämmerig wurde, baute ich mein Vorderlicht an den Lenker, tauschte die Sonnenbrille gegen die normale und klärte noch einmal die Entfernung bis zur Herberge: ca. 9 Kilometer. Bis 22:30 Uhr Check-in, also kein Problem. Da merkte ich, dass die Luft im Vorderreifen nachgelassen hatte. Ich pumpte auf und fuhr ein Stück – wieder platt. Dann ging mein Vorderlicht aus – Akku alle. Rechts von mir der endlose Zaun der Forschungsanlagen: ITER-Zentrum von Cadarache mit dem Slogan „unlimited engergy“. Großartig. Bei mir gingen die Lichter aus, ich hatte einen Platten und Mitten in der provençalischen Pampa überall Zäune. Zum Glück war es bis zum nächsten Ort nicht weit. Ich schlingerte bis zur Auberge de la table ronde in Vinon sur Verdon und bat die Wirtin, mir ein Taxi zu rufen. Sie blätterte eine Weile in ihren Unterlagen und fand nichts. Ihr Mann blätterte eine Weile in den Unterlagen – und fand nichts. Dann hatte er eine Nummer auf seinem Smartphone herausgesucht. Ich tippte sie ab und rief an: Anrufbeantworter. Dann rief ich in meiner Herberge an und fragte, ob mich jemand abholen kann. Das war dann kein Problem. Der Inhaber kam nach ein paar Minuten mit einem kleinen Transporter, sodass wir das Rad auch mitnehmen konnten. Er meinte, die nächste Stadt mit Pneus zum Verkauf sei Manosque, ca. 25 Kilometer entfernt. Die Bergerie Provençale hat nicht nur einen Hotelbetrieb, sondern auch ein Restaurant, in dem noch Gäste waren. Die Wirtin, ich denke es ist ein Familienbetrieb, ich hatte wohl die Tochter am Telefon, die Wirtin nötigte mich, doch erst einmal das Bier, dass ich haben wollte, zu trinken und erst später mein Zeugs auf’s Zimmer zu schaffen. So tat ich denn auch. – Ein etwas wilder Tag mit glücklichem Ende.

Kanal an der Durance, zwischen Pertuis und Manosque

Fazit: Ca. 115 Kilometer, teilweise schweres Gelände und Rettung kurz vor dem Ziel. Was lernt mich der Plattfuß?: Ich muss mich mehr um meine Ausrüstung kümmern und zur Not auch mal einen Tag Pause einlegen. Und die Routenplanung muss genauer werden. Mal schauen, wie ich es morgen mache.

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