Von Stresa nach Turin

Freitag, 25. August. Ich mag diese klassizistischen italienischen Villen mit großzügigen Treppenhäusern, Marmorstufen und hohen Räumen und Palmen im Garten. In so einer Villa war ich am Lago Maggiore eingekehrt. Nur Zwieback passt nicht zum Frühstück in so einem stilvollen Haus. Mit Zwieback verbinde ich Durchfall, Magen-Darm, wenn der Körper vorsichtig wieder an Nahrung gewöhnt werden muss. In Italien scheint der Zwieback aber ein Standard zu sein, der beim Frühstück nicht fehlen darf.

Der Tag begann mit einer kleinen Bergetappe mit ein paar wenigen fiesen Anstiegen. Ab dem Mittag flachte das Gelände aber immer mehr ab und es öffnete sich bald die weite piemontesische Landschaft. Bei 35 Grad Celsius ohne Schatten arbeitete ich mich über endlos scheinende schnurgerade Landstraßen, entlang an ausgeklügelten Bewässerungsgräben für die Reisfelder. Soja und Mais ergänzten das Landschaftsbild. Nur von der Piemontkirsche war nichts zu sehen.

Bei der Hitze waren ein paar mehr Pausen nötig. In Maggiora legte ich mich am Mittag neben einem Denkmal für einen Architekten auf eine Bank und schlief. Im Laufe des Tages trank ich alles mögliche, was sich so anbot: Wasser an den wenigen Brunnen auf der Strecke – in der Hoffnung auf kühleres Nass als in meinen Trinkflaschen, Brause als Zuckerlieferant und ein istotonisches blaues Gesöff, um den Salzverlust auszugleichen.

Gegen Abend baute sich vom Nordwesten her eine Gewitterzelle auf. Bis Turin verdunkelte sie die Sonne, sodass die Dämmerung früher einsetzte. Die Rezeptionistin hat mir im Hotel ein paar Sachen auf dem Stadtplan gezeigt, was man so sehen sollte. Im Moment will ich nur faulenzen und schlafen. Morgen ist Ruhetag.

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Von Brig nach Stresa (Simplonpass)

Donnerstag, 24. August. Da nur vereinzelt Gewitter angesagt waren, wagte ich den Weg über den Simplonpass. Ich machte wieder mehrere Pausen, um mir die Kräfte bei der Hitze einzuteilen und viel zu trinken. Außerdem war ich nach dem Grimselpass gestern auch nicht mehr ganz so frisch am Berg. Meine Sportuhr meint, ich müsste mal eine Erholungsphase einlegen. Das habe ich für Turin geplant. Am Wochenende soll es regnen.

Die Westrampe des Simplonpasses ist steiler als die Ostrampe und steiler als der Grimselpass gestern. Allerdings ist der Simplon auch nur knapp über 2.000 Meter hoch. Radfahrer sah ich heute fast gar nicht, nur zwei Mountainbiker und einen Rennfahrer hinabfahren, aber mit mir war niemand am klettern und oben auf der Passhöhe war auch niemand. Was ist da los?

Es gibt aus Brig heraus eine schöne Nebenstrecke. Ich hockte mich auf ca. 1.000 Meter Höhe ins Gras und genoss den Blick auf die gegenüberliegenden Berge und Brig im Tal. Es war still in den sonst sehr motorisierten Alpen. Herrlich.

Unterhalb des Gipfels rastete ich in einer gemütlichen Klause. Der Wirt kiffte. Ich hydrierte mich und vesperte. Das Gras entspannte mich zusätzlich. Doch von Osten zog ein Gewitter auf. Es grollte. Auf der Passhöhe hielt ich mich nicht lange auf. An einigen Stellen waren bei der Abfahrt die Straßen nass. Es hatte geregnet.

Der Gipfel bildet beim Simplonpass nicht die Staatsgrenze, wie das sonst oft bei den Alpenpässen der Fall ist. Weiter unten, hinter der Grenze, liefen an einer Zollstation zwei italienische Finanzpolizisten auf der Straße herum und warteten auf Kundschaft von italienischer Seite. Ich sauste an ihnen vorbei und kam in ein breiter werdendes Tal mit einer breiten Straße fast ohne Verkehr. Eine Rennpiste nur für mich, dachte ich.

In Domodossola hielt ich mich nicht lange auf und folgte der Toce, die sich ins Tal ergoss. Das sanft abfallende Gelände und die langen geraden Straßen bis zum Lago Maggiore fühlten sich wieder wie eine Rennstrecke an. Ausrollen bis ins Hotel, dazu der pralle Süden, die Palmen in den Vorgärten, blühender Oleander auf den Marmor-Terrassen… In Mergozzo kamen Leute mit Handtüchern vom Baden im gleichnamigen See. Am Lago Maggiore waren prächtige Hotels in Ufernähe in der Dämmerung festlich beleuchtet, in einem prunkte innen ein Kronleuchter, die Terrassen der Restaurants waren mit Lichterketten geschmückt. Es roch nach See und nach Blumen. Ein wunderbarer Sommerabend.

Ich war vom Schweiß des Tages stark verklebt. Es waren immer noch 31 Grad. In einem Restaurant auf dem Weg zum Hotel in Stresa fragte ich nach alkoholfreiem Bier. Der Kellner wollte mich nicht am Tisch bedienen mit dem Verweis, dass es sich um ein Restaurant handelt, bot mir aber den Verkauf zum Mitnehmen an. Ich war dehydriert. Die zwei Flaschen schafften es nicht mehr bis ins zweihundert Meter weiter gelegene Hotel.

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